Wer wie ich Silvester und stundenlanges Böllern und Krachen hasst, kann am 1. Jänner leicht fröhlich, wenn auch unausgeschlafen aufstehen und bereits um 8 Uhr morgens ein kleines Jahreskonzept vorlegen, das noch dazu außer Standvermögen am Fenster keinerlei Arbeit erfordert hat – wenn das kein fulminanter Jahresauftakt ist!
Der Abend klingt nicht nur mit der bereits erwähnten Taschentuchorgie doch noch mit einem Lava Flow-Cocktail aus, der jenem in Waikiki gar nicht unähnlich ist; auch Hauptspeise (Lachs im Spinat-Mozzarella-Mantel mit Blätterteigüberwurf) sowie Nachspeise (Schokobeignets, für die es kein auch nur annähernd würdiges Adjektiv gibt) sind nicht schlecht, um es mit dem letzten und größten Understatement des Jahres 2008 zu versuchen.
Doch das Beste kommt erst: als wir gegen 23:30 Uhr schlafen gehen, kann ich im Schlafzimmer nicht anders und öffne doch noch einmal den Vorhang. Und siehe da: scheinbar haben sich die Feuerwerkhersteller letztes Jahr besonders ins Zeug gelegt oder die Leute in der Umgebung diesmal in besondere Unkosten gestürzt, denn die Feuerwerke fliegen so hoch, dass wir sie über den umliegenden Dächern auch aus dem Schlafzimmer – manche sogar aus dem Bett – sehen können! Das nenne ich Luxus wie in einem 5-Sterne-Hotel. A propos: das letzte Feuerwerk aus einem Hotelzimmer (max. allerdings 2,5 Sterne, dafür inklusive ununterbrochenem Musikgedudel aus dem Gang vor dem Zimmer) erlebten wir in Kuching in Borneo und zwar aus einem uns weiterhin unbekannten Grund – aber allein die Erinnerung macht selig, ebenso wie jene an das ebenfalls unerklärliche Feuerwerk in Waikiki.
Auch mit Sternschnuppen wird gestern über den Dächern von Floridsdorf nicht gespart: so viele Schnuppen, so viele Wünsche!
Wieder wird mir bewusst, dass das Jahr 2009 mit 2008 an Überraschungen wohl kaum mithalten wird können. Doch in einem Moment seltener Klarheit erkenne ich, dass diese Annahme nicht stimmt. Das war die Annahme eines vom Krisengetue angesteckten Pessimisten, der ich bis vor wenigen Stunden vielleicht noch war. Aber sie ist falsch! Denn unplanbarer und ungeplanter als 2009 war nicht einmal das Auszeitjahr 2008 – denn da waren Tickets und Mietwägen gebucht, Destinationen recherchiert, Pläne gemacht und verworfen, Vorbereitungen getroffen und Sehnsüchte gehegt und gepflegt worden….
Zugegeben: das Plus-Minus-Potenzial liegt 2009 um einiges höher, aber die Erkenntnis, dass es jede Menge Überraschungspotenzial gibt, finde ich letzte Nacht sehr tröstlich. Man beachte, dass sich all diese monumentalen Erkenntnisse in kürzester Zeit – vielleicht einer Stunde am Fenster – zutragen, was ja alleine schon bemerkenswert ist. So betrachtet ist es sehr schade, dass nicht öfter Silvester ist…
Als mich die sanften Schnarchgeräusche von Max schließlich überzeugen, vom Vorhang abzulassen und ins Bett zu kommen, ereilt mich eine letzte Erkenntnis: Was soll das Grübeln – lebe! Und so bekommt das Jahr 2009 für mich und von mir zwar keine guten oder anderweitigen Vorsätze, aber ein neues Motto: MUT!
Was ich mit fröhlichen, aber nicht zusammenpassenden Unterhosen in der Auszeit begonnen habe, darf fortgesetzt werden: mit neuen Kombinationen und neuen Unterfangen, mit kleinen und großen Mutproben und Abenteuern im Kopf. Wie hat schon der Glücksforscher Eric Weiner in seinem Buch "The Geography of Bliss: One Grump’s Search for the Happiest Places in the World", das ich in den letzten Tagen verschlungen habe, so treffend zum Thema "Being boring is a choice" gesagt: "die milde Salsa kauft sich nicht von selbst", und er könnte nicht rechter haben. (Übrigens liefert er auch eine mögliche Erklärung dafür, dass die Amerikaner so mobil sind: "Is it the energy of these places that attracted those people to them? I’m not so sure. A better explanation, I think, is that they gave themselves permission to be different people in different places." Will ich womöglich gar nicht für länger nach Australien, sondern will einfach nur (wieder) die Unbeschwerte sein, die ich in Australien noch jedes Mal war?)
Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon das lila T-Shirt zum orangen Sweater (da fällt mir ein, ich habe gar keinen orangen Sweater), mein Buch im Buchgeschäft, eine tolle Laufzeit, das erste Wohnmobil mit selbst kreiertem Innendesign (schon mal was von ausklappbarer Staffelei oder einklappbarem Backrohr gehört?), einen Job mit Spaßfaktor (nein, ich habe nicht zuviel getrunken, aber ich glaube, ich habe einfach genug von all dem Krisengewese) und vielem mehr. Symbolisch entsorge ich noch schnell drei alte T-Shirts und dann heißt es umfallen und schlafen!
Welch Zufall, dass ich in meinem Adventkalender von Max u.a. folgendes Zitat gefunden habe:
"Life is short,
break the rules,
forgive quickly,
kiss slowly,
love truly,
laugh uncontrollably,
and never regret anything that made you smile."
Happy New Year everyone!!!
Oder: "Hau’oli Makahiki Hou!", wie man auf Hawaii sagt.
P.S. Wer sich darüber wundert, dass ich zwei Blog-Einträge hintereinander mit demselben Titel versehen habe, der lese die Titel noch einmal nach. Erstaunlich, welchen Unterschied ein einziges Satzzeichen machen kann, oder?